.news 07/2017

ARTKIBO // Ae Ran Kim, Johannes Kithil, Linda Nadji, Katharina Wackermann, Elisabeth Windisch
„In meiner Küche nicht!“

Gruppenausstellung Malerei, Raumobjekte, Skulpturen, Videoinstallation, Keramikkunst

Am Freitag, 11. August, wurde die Gruppenausstellung „In meiner Küche nicht!“ im Rahmen der Kulturnacht Kirchheimbolanden 2017 eröffnet.

Der Titel ist so vielsagend, wie der Begriff „Küche“ mehrdeutig. „Küche“ steht für unterschiedliche Rezepturen von Speisen, wie auch für den Ort des Geschehens. Kochen ist ein Kernelement der menschlichen Zivilisation und mit Beginn der Sesshaftigkeit wird die Küche als Ort der Verrichtung zur Aktionsfläche und zum Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse. In der Küche wird gekocht und gegessen, hier werden Beziehungen und Brauchtum gelebt und vererbt, hier nehmen Feste ihren Ausgangspunkt.

Die Küche ist der zentrale Ort der Familie. Die Erfordernisse an die aufgeklärte, mobile und globale Gesellschaft verändern jedoch das Konzept und den Lebensraum der Familie und damit auch die Küche. Herkömmliche Rollen und Tätigkeitsbereiche verlieren ihre Abgrenzung und Eindeutigkeit. Unklar ist, wer heute in der Küche das Kommando hat oder ob hier überhaupt jemand regiert. Der Vorabend des traditionellen Stadtfestes von Kirchheimbolanden war eine schöne Gelegenheit, sich auf ganz unterschiedliche künstlerische Positionen zum Thema einzulassen. Dabei ließen wir uns von fünf namhaften Künstlerinnen und Künstlern inspirieren.

Johannes Kithil ist mit Malerei vertreten. Seine Tempera- und Leimfarbe rührt er selbst und erreicht damit eine unverwechselbare Leuchtkraft der Farben. Sein Bild „Not in my kitchen!“ stand Pate für den Ausstellungstitel. So anachronistisch der Ausruf anmutet, so verständlich ist er doch für jedermann und jede Frau, nicht allein im europäischen Sprachraum. Alles kann hiermit gemeint sein: humorvolle Ironie oder autoritärer Herrschaftsanspruch in der Zweierbeziehung, Drohung oder Verbot an die Jugend.
Johannes Kithil
(geb. 1983) ist Absolvent der Kunstakademie Düsseldorf. Er studierte von 2005 bis 2009 bei Hubert Kiecol, von 2009 bis 2012 in der Klasse von Siegfried Anzinger, als dessen Meisterschüler er 2012 den Akademiebrief erhielt. Der Künstler lebt und arbeitet in Köln.

Kontrastreich stehen dagegen die Arbeiten von Elisabeth Windisch, die mit Materialien wie Alaun, Gelatine, Salz oder Scagliola experimentiert. Ihre Skulpturen entfalten sich frei nach den chemischen Regeln der Werkstoffe, sie sind nicht vorherbestimmt durch einen fertigen Plan; das intellektuelle Konzept ist das Programm der „Hexenküche“.
Elisabeth Windisch (geb. 1986) studierte von 2006 bis 2010 Kunst bei Henk Visch und Suchan Kinoshita in Münster. 2010 wechselte sie in die Klasse von Richard Deacon an die Kunstakademie Düsseldorf, die sie als dessen Meisterschülerin im Jahre 2014 mit dem Akademiebrief abschloss. Eine kuratorische Arbeit im Off-Raum Bruch & Dallas in Köln und eine Tätigkeit als Dozentin für Kunst und Kunsterziehung an der Universität zu Köln (2016) folgten. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Wien und Düsseldorf.

Aus Katharina Wackermanns (geb. 1982) vielseitigem Werk werden die „Minutenköpfe“ aus Beton und geometrische Filzarbeiten vorgestellt.
Katharina Wackermann studierte in Darmstadt Architektur (2002 bis 2006), anschließend Kunst bei Didier Vermeiren und Richard Deacon an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie war Meisterschülerin von Richard Deacon und erhielt den Akademiebrief 2014. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Köln.

Linda Nadji (geb. 1972 in Teheran) war bereits im Jahre 2015 in Kirchheimbolanden zu Gast mit der eigens für den Kunstraum Holzmann konzipierten Installation „Im Grünen“. Ausgangpunkt ihrer künstlerischen Arbeit sind oftmals Gegenstände des Alltags, die durch Zerlegung, Verwandlung oder mechanische Bearbeitung eine neue ästhetische Gestalt erhalten und einen tiefen existenziellen Sinn vermitteln. Gezeigt werden zwei Beton-Koffer, Porzellan-Objekte und neun Collagen aus der Serie „Diamonds and Pearls“.
Nach einem Designstudium in Aachen und einer Schauspielausbildung in Köln absolvierte Linda Nadji an der Kunstakademie Düsseldorf ein Studium bei Helmut Federle, Hubert Kiecol und Rita McBride. Als Meisterschülerin in der Bildhauerklasse von Hubert Kiecol erhielt sie 2011 den Akademiebrief. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit arbeitet Linda Nadji als Kuratorin und ist seit 2012 Vorstand im Off-Raum Bruch & Dallas. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Köln.

Ae Ran Kim ist mit drei Videos vertreten: „Scheiterhaufen“, „Falling like a perfect man“ und „One photographer’s melancholy“. In „Scheiterhaufen“ sehen wir, wie die Künstlerin zunächst mit Akkuratesse und Fingerspitzengefühl ein Vierkantgitter aus Streichhölzern kunstvoll auftürmt, es dann anzündet und verbrennen lässt. Den Titel hat die Künstlerin einer österreichischen Mehlspeise gleichen Namens aus altbackenen Semmeln, Eiern und Milch entnommen. Das gefilmte Geschicklichkeitsspiel gibt jedoch Raum für Assoziationen zu mittelalterlichen Hexenverbrennungen, Gewalt und Foltermethoden jeglicher Art. „Falling like a perfect man“ ist eine Selbsterfahrungsübung der Künstlerin. In „One photographer’s melancholy“ folgen wir Ae Ran Kims Blick gen Himmel; Gegenstand der Betrachtung ist jedoch die Kirmes mit ihren immer atemberaubenderen Fahrgeschäften, ein rein irdisches Vergnügen, besonders im ländlichen Raum eine wichtige Abwechslung – oder auch Ablenkung – und Pendant zum Alltag in der Küche. Die Ästhetik des Ausnahmezustands wird meisterhaft eingefangen. Die exklusiv für das ART Hotel Braun geschaffene Video-Installation „Grüne Vorhänge“ kann auf Anfrage durch die Künstlerin neu installiert werden.
Ae Ran Kim (geb. 1981 in Seoul) absolvierte ihr erstes Studium an der Staatlichen Koreanischen Kunsthochschule in Seoul (2001 bis 2006) und schloss an der Kunstakademie Düsseldorf (2006 bis 2013) in den Klassen von Martin Gostner und Katharina Grosse ein weiteres Kunststudium an, das sie als Meisterschülerin von Katharina Grosse mit Akademiebrief beendete. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Düsseldorf.

Alle fünf Künstlerinnen und Künstler agierten bereits einmal zusammen in Kirchheimbolanden – als „Küchenhelfer“ von Arpad Dobriban, dem ungarischen Koch-Konzept-Künstler, der im Sommer 2014 im Schlossgarten eine große Barocktafel für hundert Gäste kreierte. (www.arpad-dobriban.de/)

Wir wünschen Ihnen viel Freude in der Ausstellung und stehen für Ihre Fragen sehr gerne zur Verfügung!

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